Unum - _Quando_rapita_in_estasi
Unum - _Quando_rapita_in_estasi
_Quando_rapita_in_estasi_
Gaetano Donizetti, eine Arie aus der berühmten Szene des Wahnsinns von „Lucia di Lammermoor“. Eine Oper, die durch die Interpretation von Maria Callas berühmt wurde.
Quando rapita in estasi
Del più cocente ardore
Col favellar del core
Mi giura eterna fê,
Gli affanni miei dimentico,
Gioja diviene il pianto,
Parmi che a lui d'accanto,
Sì schiuda il ciel per me.
LUCIA
Wenn in Ekstase entrückt,
voll brennender Leidenschaft,
in der Sprache des Herzens,
schwört er ewige Liebe,
Ich vergesse meine Sorgen
und die Freude trocknet meine Tränen,
und wenn ich ihm nah bin, scheint es mir,
als öffnete der Himmel sich.
Auf der Bühne ist es dunkel. In diesem Moment betritt Maria Callas die Szene in neuem Gewand. Eine außergewöhnliche Erscheinung, mit ihren großen Augen, umschlossen von hohen Wangenknochen. „Die Göttliche“, in der Öffentlichkeit stark und im Privaten zerbrechlich. Das Bühnenkostüm ist eindrucksvoll und elegant, in seiner Bewegung wird es selbst zu Musik und duftet nach Labdanum und Vanillepuder.
Pier Paolo Pasolini beschrieb die Gestalt dieser Frau als „zeitlos, archaisch und mythisch“, die das Theater zu einem sicheren Hafen gemacht hat, wo nur die Kunst erlaubt ist.
Der Wahnsinn von Opium, Tonkabohne, Tannenbalsam ist die Grundlage dieser Duftskulptur. Und angesichts dessen, dass sich jeder einmal kraftlos fühlt mit einem dumpfen, stechenden Schmerz und Melancholie, zeigt sich ein Herz aus Pfirsich, das nur in Einsamkeit wirkt.
Der Wahn ist eine fast perfekte Welt, die aus Verletzungen besteht, die wiederum unweigerlich Narben hinterlassen: duftende Furchen des Maiglöckchens. Der Moment, wenn man auf der Bühne steht, aber es sich anfühlt, als wäre man in einem dunklen Raum eingeschlossen, der von der Wärme des Publikums zum Leben erweckt wird.
Die Welt gibt uns jeden Tag eine Reihe an Hinweisen, die uns ein Gefühl des Mysteriösen geben; wir leben mit dem Gedanken, dass es immer ein Geheimnis gibt, das es zu lösen gilt.
Hier kommt der Wahnsinn zu Hilfe: Er erzeugt eine Sehnsucht und malt ein Bild in unseren Geist, das fast immer Liebe und Hass besteht, aus Leidenschaft und Macht, dem Weiblichen und Männlichen, Wirklichkeiten im Dialog miteinander, die schwer miteinander in Einklang zu bringen sind, ohne dass eine zurückstecken müsste; aber welche muss dies sein?
Im 19. Jahrhundert war sicherlich das weibliche Universum formbarer und zumindest augenscheinlich eher dazu bereit zurückzutreten. Was geschieht jedoch, wenn das weibliche Universum sich dazu entschließt, sich nicht stillschweigend zu unterwerfen? Was wären die Anzeichen dieses mangelnden Gehorsams? Wie immer bringt die Kunst Dinge ans Licht, Zeichen, die unklar erscheinen, die sich aber für jene herauskristallisieren, die zu beobachten und zuzuhören wissen. Die Szene des Wahnsinns in „Lucia di Lammermoor“ von Donizetti zeigt uns den Versuch einer Verteidigung, einer Frau, eine Verteidigung ihrer eigenen Gefühle und Identität gegen die Logik der menschlichen Macht.
Der Wahnsinn wird so zu einer zweischneidigen, positiven wie negativen Waffe, je nach Blickwinkel, den man einnimmt; Wahnsinn und stimmliche Virtuosität müssen als positive Elemente betrachtet werden: Sie sind der Sprung ins Unbekannte, eine befreiende Entladung ohne Struktur und Beschränkungen, in der die Frau die Möglichkeit hat, glücklich zu sein.
Sie ist es … und wie sieht es bei uns aus?
© Aus Liebe zum Duft (hb)