État Libre d'Orange - Charogne
État Libre d'Orange - Charogne
Mit „Charogne“ – dem Aas oder Luder – widmet sich État Libre d'Orange einmal mehr den fleischlichen Gelüsten. Die lustvolle Komposition beginnt mit Bergamotte und Ledernoten. Rosa Pfeffer, Ingwer, Lilie, Ylang-Ylang und Jasmin drücken bebend ihre Fingernägel in die Haut, um in einem Strudel aus Weihrauch, Vanille, Ambrette und animalischen Noten besinnungslose Lust zu erleben.
Weiche und warme Haut, an manchen Stellen fast durchsichtig. Eine schillernde Lilie. Ohne Freizügigkeit und ohne Prüderie enthüllt diese Schönheit ihr Innerstes, sie wagt es, sich so zu zeigen, wie sie wirklich ist, absolut nackt. Der perfekte Augenblick. Reifes Fleisch, das gepflückt werden will. Ein fügsames, williges Opfer. Das Tier ist nicht mehr weit. Er liegt auf der Lauer, und als Connaisseur, der er ist, erwartet er den Moment, in dem er Besitz von ihrem Wesen ergreifen wird. Für ihn ist diese Beute das Verlangen schlechthin. Der Duft steigt auf. Wir sind fast da.
Fast ist es soweit, dass das Herz flüssig wird und seine Vanille ergießt, das Leder zu einem Balsam schmilzt und die unfassbare Anatomie ihre kostbaren, sonnengebräunten und erhebenden Aromen verströmt. Glaub an das Tier, denn diese Umarmung besitzt den Hauch der Ewigkeit.
© Aus Liebe zum Duft (hb)
État Libre d'Orange – Das Parfum ist tot, es lebe das Parfum
Wer sich beim Wahlspruch dieses Parfumhauses an die bekannte Heroldsformel der französischen Erbmonarchie erinnert fühlt: „Le roi est mort, vive le roi“ - zu Deutsch: „Der König ist tot, es lebe der König“ und nun ein altes Traditionshaus erwartet, ist leider auf dem Holzweg. Wir haben es hier viel mehr mit Aufständischen zu tun, die die Parfumkunst noch einmal im Jahr Null radikal beginnen wollen, Tabula Rasa, und dazu einen neuen Staat ausgerufen haben: L'État Libre d'Orange – Der Freie Staat von Orange. Doch wer sind die Drahtzieher hinter der Revolution?
Staatsgründer ist der gebürtige Südafrikaner Etienne de Swardt, den es erst in den südlichen Pazifik nach Neukaledonien verschlug, ehe er in Paris landete. Dort arbeitete er für Givenchy und kreierte unter anderem die Hundeparfumlinie „Oh my Dog“; aber dies sollte noch lange nicht eigenwillig und kompromisslos genug sein.
Heute entwickelt Etienne de Swardt jeden seiner Düfte zusammen mit befreundeten Verbündeten. Bei den Kollaborateuren handelt es sich um Antoine Lie, Antoine Maisondieu und Nathalie Feisthauer, welche man als Schöpferin von „L'Eau des Merveilles“ von Hermès und „Must pour Homme“ von Cartier kennt.
Das Manifest der Duftkünstler liest sich wie ein Befreiungsschlag gegen die Zwänge der Konventionen und des Marktes. In ihrer Freiheitserklärung sagen sie sich einerseits los von allen Tabus, andererseits werden Rebellion und olfaktorische Erotik zum Programm erhoben und das – so führen sie weiter aus – in einer Welt, in der selbst die talentiertesten Parfumeure sich dem Wunsch von Marken und der Diktatur der Mehrheit beugen müssen.
Dies ist kein Lippenbekenntnis geblieben. Die Düfte von État Libre d'Orange sind provokativ und rebellisch, anzüglich und erotisch und gleichzeitig schauderhaft neuartig. Wer sonst könnte einen Duft herausbringen wie „Sécrétions Magnifiques“, ein Duft alleinig den Körperflüssigkeiten gewidmet oder „Fat Electrician“, der allein durch seinen frechen Namen das Bild eines dicken gebückten Elektrikers beschwört, der mit prächtigem Maurerdekolleté über den Boden rutscht?
Aber Hunde, die bellen, beißen nicht oder in diesem Fall nur ein wenig. Den Parfums liegen perfekt durchdachte Konzepte zu Grunde, handwerklich sind sie meisterhaft umgesetzt und deswegen genau das Richtige für diejenigen, die abseits der Duftkonventionen nach neuen Impulsen und Ideen suchen.
© Aus Liebe zum Duft (hb)