Blühende Maiwonnen

Blühende Maiwonnen

Endlich ist ein Ende in Sicht: die Eisheiligen verlassen uns am 15. Mai und die Wettervorhersage verspricht, dass das Thermometer die nächsten Tage nur eine Tendenz kennen wird – die nach oben. Wärmer wird es, wenngleich auch langsam, aber immerhin.

Anfangs war ich etwas zögerlich im Glauben daran, dass man sich auf diese alte Bauernregel noch verlassen könne, habe mich allerdings dann dennoch in Vertrauen geübt hinsichtlich der Kompetenz meiner Nachbarn hier auf dem Land. Und deshalb meine gezogenen Pflänzchen noch auf der Fensterbank stehen lassen nebst der Jungtomaten, darüber hinaus erst einmal Jasmin und Zitrusfrüchtebäumchen für ein paar Tage in den Keller gepackt, um Erfrierende zu vermeiden. Eine gute Entscheidung, denn es war in der Tat wie prognostiziert kalt. Die Eisheiligen hatten aber auch einen Pluspunkt – sie brachten Niederschlag, den die Flora schon sehr lange gebrauchen konnte, war der April doch viel zu trocken.

Dank des Regens grünt und blüht es nun noch fleißiger als vorher schon. Mein Garten, der mich nach Jahren des Wildwuchses mit unkontrollierter Unkrautvermehrung mit einiger Arbeit konfrontiert, verleitet mich immer wieder dazu, mir die Haare zu raufen – weil ich nicht alles einstampfen, dem Erdboden gleich machen möchte, da sich unter und hinter den grünen Massen etliche alte Schönheiten verbergen, vornehmlich Stauden und Sträucher, die ich gerne erhalten möchte. Keiner weiß mehr so genau, was wann wo gepflanzt wurde, weshalb ich immer wieder auf’s Positive überrascht werde vom Florabestand meines Refugiums, sobald ich einige Quadratmeter Dschungel zurückerobert und diszipliniert habe.

So durfte ich dieser Tage zu meiner Freude eine Vielzahl eines besonderen Blümeleins in meinem Garten entdecken, das seit jeher eine gewichtige Rolle in der Welt der Düfte einnimmt – die Rede ist nicht von der Rose, der Blick muss weiter runter gen Erde … die ersten Maiglöckchen sind da und verströmen ihren herrlichen Duft.

Maiglöckchendüfte können auf eine lange Tradition in der Geschichte des Parfums zurückblicken – und das, obschon sie es den Parfumeuren gar nicht mal so einfach gemacht haben. Bereits vor über hundert Jahren war man bestrebt, eine natürliche Essenz des hübschen Blütenzwergs zu destillieren, was allerdings nicht so recht gelingen wollte. Alles, was man gewann, hatte so gar nichts zu tun mit dem überaus charakteristischen Duft des kleinen Maiglöckchens. So konnte in diesem Falle, wie im Falle von diversem anderen Blütengezier, nur die Chemie helfen.

Hydroxycitronellal machte den Anfang, ein nach Maiglöckchen, Flieder und Alpenveilchen duftendes Aldehyd, das den Phiolen eines deutschen Chemikers namens Knoll entstieg und bald darauf von den großen Aromastoffherstellern der damaligen Zeit (und auch der heutigen, die meisten davon sind noch groß im Geschäft) aufgegriffen wurde und wesentlicher Bestandteil zweier Duftikonen ist: Houbigants Quelques Fleurs (1912/13) von Robert Bienaimé(dessen erstmaliger Einsatz von Aldehyden Ernest Beaux bei seiner Kreation von Chanels No. 5 beeinflusste) sowie Diors Diorissimo (1956) von Edmond Roudnitska, der MaiglöckchenparfumKönigin schlechthin.

Heutzutage ist “dank” IFRARegulierungen der Einsatz von Hydroxycitronellal limitiert, Gott sei Dank gibt es aber mittlerweile diverse andere synthetische Moleküle, die den zarten, aquarellhaften Duft der Blume einzufangen vermögen.

Deshalb ist es vorschnell, das Maiglöckchen als Großmutterblümchen abzutun, nur weil Oma vielleicht ein Fläschchen der oben genannten Düfte im Schlafzimmer stehen hatte. Die weiße Blumenschönheit erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit und es existieren unterschiedlichste Düfte, die sich um dieses Motiv ranken, das Maiglöckchen auf vielfältige Weise porträtierend.

Mal klassisch und traditionell, dann wieder modern, als einzelne Blüte oder eingebunden in ein Bouquet, als Körperoder als Raumduft … was Maiglöckchen angeht, gibt es nach wie vor viel zu entdecken in der Duftwelt.

Lust bekommen? Hier unser Maiglöckchenstrauß für Sie:

Duft:
Amouage Ubar, Atkinsons 1799 The Nuptial Bouquet, État Libre d’Orange Don’t get me wrong Baby, Floris Lily of the Valley, Maison Francis Kurkdjian Acqua Universalis, Oriza L. Legrand Déjà Le Printemps, Parfums de Rosine Le Muguet de Rosine, Parfums MDCI Un Coeur en Mai, Penhaligon’s Lily of the Valley, Sospiro Capriccio

Maiglöckchen für das Zuhause: Cire Trudon Prolétaire, Diptyque Muguet, Frédéric Malle 1er Mai

Ulrike Knöll ist studierte Philosophin und vielen der Aus Liebe zum Duft-Kunden bereits durch das Corporate Blog bekannt. Sie kümmert sich seit 2009 hauptverantwortlich um das Dufttagebuch, für das sie bisher knapp 2000 Artikel verfasst hat. Auch im Onlineshop finden sich etliche Texte aus ihrer Feder. Darüber hinaus textet, konzipiert, berät und schult sie freiberuflich rund um das Thema Duft und ist Kolumnistin des Branchenmagazins INSIDE beauty.



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