Alles soll so bleiben wie es ist - nur besser!
Es war der altgriechische Philosoph Heraklit, der vor mehr als 2500 Jahren der Nachwelt die folgende tiefgründige Weisheit hinterließ: „Panta Rhei“ - altgriechisch für „Alles fließt“. Nun, aktuell fließt in Deutschland - wie wir alle wissen - so richtig eigentlich nur der Regen. Der dafür aber sehr nachhaltig, während alles andere doch eher nach Stillstand und gegenseitiger Blockade schreit.
Aber Heraklit war natürlich weniger profan: „Alles fließt, denn es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln.“ Mit anderen Worten: Die Zeit fließt wie ein unaufhaltsamer Strom, Ideen fließen von einer Generation zur nächsten und selbst unsere Emotionen sind wie Wellen, die auf- und abfließen. Von den Strömungen der Meere und Flüsse bis zu den Gedanken in unseren Köpfen, ist Bewegung und Veränderung ein grundlegendes Merkmal unseres Daseins. Zumindest gemäß der Lehre des Heraklit, dessen Philosophie vor allem die Essenz einer dynamischen und sich ständig verändernden Natur und des gesamten Universums umfasst.
Es geht also nicht nur um fließendes Wasser oder die vergehende Zeit, sondern um die grundliegende Idee, dass sich alles in einem ständigen Zustand der Veränderung und Bewegung befindet, denn “Niemand betritt zweimal denselben Fluss, es ist nicht derselbe Fluss und er ist nicht derselbe Mensch“. Für Heraklit war der Wandel eine fundamentale, wesentliche und unabänderliche Eigenschaft der Realität. Alles, angefangen von den kleinsten Partikeln bis hin zu den großen kosmischen Ereignissen befindet sich in einem steten Fluss. Das Universum ist ein komplexes, miteinander verbundenes Netzwerk von Transformationen und Übergängen in dem nichts statisch ist und Wandel sowie Vergänglichkeit grundlegende Aspekte des Lebens sind. Ein Weltbild, das uns heute ebenso fremd wie vertraut erscheint.
Einerseits sind wir nicht nur „Gewohnheitstiere“ und „Kontrollfreaks", sondern auch im Großen und Ganzen auf die Bewahrung des Status quo fixiert, zumindest sofern uns dieser einigermaßen erträglich erscheint. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass wir ein Problem damit haben, wenn es für uns besser läuft als gedacht. Höher, weiter, schneller geht immer. Dennoch, prinzipiell haben wir uns auf die Fahne geschrieben: Alles soll so bleiben wie es ist … nur eben besser (Sie bemerken natürlich den Widerspruch). Insofern ist es natürlich wesentlich interessanter zu schauen, was „besser“ für uns überhaupt bedeutet. Denn das ist so divers, wie unsere Gesellschaft eigentlich sein sollte. Nur ein kurzer Blick auf die alltäglichen Befindlichkeiten und Wünsche der deutschen Bundesbürger spricht Bände: Die FDP will freie Fahrt für freie Bürger, während „Die Letzte Generation“ ein sofortiges Tempolimit 100 und die Einhaltung der Klimaziele fordert. Die Piloten wollen mehr Geld und die werktätige Bevölkerung weniger Stress. Meine Mutter möchte strikte 24 Grad Celsius Raumtemperatur und mit der AfD will keiner reden. Während sich manche einen König wie Charles wünschen, wollen andere den Kaiser zurück. Und alle wollen die 4 Tage Woche - bei vollem Lohnausgleich - versteht sich. Die Reihenfolge ist beliebig und die Aufzählung stark verkürzt. Lebensqualität, Fortschritt und Wohlstand für alle. Das ist ohne Frage ein hehres Ziel. Nur bereits bei der Kernfrage, wer ist „alle“ scheiden sich voraussichtlich die Geister und letztendlich nimmt sich sowieso jeder vom Wohlstandsbüfett, was ihm gerade am meisten in den Kram passt und genehm ist. Denn „wir“ sind sowieso immer die anderen. Bevor ich mein Tempo auf der Autobahn drossele oder weniger fliege, sollen sie erstmal in China die Klimaziele einhalten. Dabei hören wir jeden Tag, dass jeder Einzelne etwas tun kann und muss. Eigentlich, aber wie gesagt, solange China …
Wir leben in einer Welt, die sich nicht nur täglich neu erfindet, sondern Innovation und Disruption geradezu zur Norm macht. Dabei zeigt uns das rasante Tempo technologischer Fortschritte und gesellschaftlicher Veränderungen das Konzept der Vergänglichkeit noch deutlicher. "Panta Rhei" erinnert uns daran, dass wir uns nicht zu starr an feste Ideen klammern sollten, sondern offen für Veränderung sein müssen - selbst wenn es erst einmal wie eine Verschlechterung unseres Wohlstandes erscheinen sollte. Insofern habe ich mir fest vorgenommen, zukünftig nicht sofort auf die Barrikaden zu gehen, sobald mir etwas nicht gefällt oder meine Gewohnheiten stört. Den Versuch ist es allemal wert - immerhin lockt inmitten der Höhen und Tiefen unseres täglichen Daseins Ruhe, innere Zufriedenheit und vermutlich auch der Weltfrieden.
Übrigens, der Regen geht mir so langsam tatsächlich in dem Maße auf den Geist, wie es mir Spaß gemacht hat, mich diesem philosophischen Thema ganz profan auch mit einer Auswahl an passenden Düften zu nähern. Ich finde das Ergebnis kann sich nicht nur sehen lassen, sondern duftet fast noch besser: Von fließender Tinte, über Regen und Wasser, Unendlichkeit, fließenden Körpern und Transformationen, ist zumindest der Wohlgeruch im Sinne Heraklits gesichert. In diesem Sinne: „Panta Rhei.“