Bathing in a Steamed Rainbow

Ich erinnere mich, dass ich Mitte der 80er Jahre das erste Mal bewusst erlebt habe, wie schnell man grandios an seinen Ambitionen scheitern kann. Damals war es im alternativen Milieu en vogue, das Fernsehen im Allgemeinen und den TV-Konsum insbesondere von Kindern zu verteufeln und schlicht zu verbieten. Eine damalige Freundin, ambitionierte, aber arbeitslose Pädagogin, frisch gebackene Mutter und orthodoxe Wählerin der Grünen verkündete damals, dass ihre Kinder niemals fernsehen werden. Was natürlich super easy ist, solange dieses Statement sozusagen pränatal und rein theoretisch erfolgt. Wie man sich vorstellen kann, gestaltete sich die praktische Umsetzung dieses Themas im Laufe der nächsten Jahre weitaus schwieriger. Es stellte sich heraus, dass die Hoffnung auf Einsicht bei den Kindern illusorisch war und alles Diskutieren nichts brachte. Die Folge war ein rigoroses Fernsehverbot. Für die Kinder. Die Fernseher wurde natürlich nicht abgeschafft, denn Aspekte, Tatort und Tagesschau waren ein fester Bestand des persönlichen Bildungs- und Freizeitprogramms. Dann kam es zu jener denkwürdigen Geburtstagsparty, die bei keinem ohne Folgen am nächsten Morgen blieb. Die Eltern totkrank im Bett, die Kinder putzmunter, hochbegabt und aufgeweckt auf Frühstück und sonstige Unterhaltung beharrend. Und jetzt raten Sie mal, was an diesem sonnigen Sonntag passierte, um für Ruhe zu sorgen? Im Morgenprogramm lief „Die Sendung mit der Maus“ und Mutti schlich sich zurück ins Bett. Und dort blieb sie dann die nächsten 4 Std. - ebenso wie die Kinder sich stumm, paralysiert und unkontrolliert eine Sendung nach der nächsten reinzogen. Als ich das damals sah, verstand ich auf Anhieb, warum die Glotze „Glotze“ heißt. Und es war klar, dass nicht die Nutzung an und für sich geistig ungesund ist, sondern dass es der ungehemmte und unreflektierte Medien-Konsum ist, der die Menschheit abstumpft. Und das gilt heute wie damals. Nur die Möglichkeiten der geistigen Manipulation sind heute ebenso vielfältig und zahlreich wie die Medienlandschaft groß.

 

 

Der Glaube an das, was wir sehen, basiert auf einer Kombination aus Wahrnehmungen, Erfahrungen und dem Vertrauen in die Zuverlässigkeit unserer Sinne. Unsere Augen nehmen visuelle Reize auf, die von unserem Gehirn verarbeitet werden. Auf der Grundlage dieser vom Gehirn gewonnenen Daten wiederum erstellt das Gehirn eine subjektive Wahrnehmung der Realität. Wir lernen, dass in den meisten Fällen unsere Sinneswahrnehmung mit der tatsächlichen Realität übereinstimmt, was wiederum dazu führt, dass wir an das glauben, was wir sehen. Möglicherweise haben Sie ja vor kurzem die (Fake) Nachricht von Donald Trumps Verhaftung gesehen oder Putins Kniefall vor Chinas Staatspräsident Xi Jinping? Oder Sie haben vielleicht die Veröffentlichung des gefakten „Sensations“-Interviews mit Michael Schumacher auf dem Titel der Zeitschrift „Die Aktuelle“ gesehen. Dabei ist die eigentliche Sensation, dass nicht nur sämtliche Fotos nebst Texten von einer Künstlichen Intelligenz (KI) erstellt wurden, sondern zumindest auf den ersten Blick täuschend echt wirken. Weil wir glauben (wollen), was wir sehen. Denn für alle drei Beispiele gilt - nach vorliegender Datenlage logisch betrachtet - dass die gezeigten Situationen möglich gewesen wären. Da der Mensch jedoch normalerweise außer allgemeinen Daten auch in der Lage ist, die emotionale Grundhaltung einzelner Personen oder gesellschftliche Relevanzen zu erfassen, reicht es bei den meisten zumindest zum Zweifel an der Echtheit. KI-gesteuerte Roboter können in kürzester Zeit große Mengen an Texten und Bildern analysieren, verarbeiten und generieren. Da KI-gesteuerte Roboter keine Emotionen kennen, sind sie jedem Menschen in Sachen Konsistenz und Präzision überlegen. KIs machen keine Fehler, sondern verarbeiten lediglich vorhandene Daten. Aber „Dank des maschinellen Lernens und der Fähigkeit, große Datenmengen zu analysieren, können KI-gesteuerte Roboter neue und innovative Text- und Bildgestaltungen entwickeln. Sie können aus vorhandenen Mustern lernen und diese kombinieren, um einzigartige und interessante Inhalte zu erstellen, die menschliche Schreiber und Designer möglicherweise nicht erreichen könnten“ sagt dazu übrigens „ChatGPT“, ein Bot, der mit seinen Fähigkeiten Texte zu formulieren, derzeit selbst Fachleute verblüfft und deshalb in aller Munde ist.

Während sich die Schüler in Deutschland bereits ihre Aufsätze von ChatGPT schreiben lassen, wurde ChatGPT beispielsweise in Italien kurzerhand verboten und blockiert. Das lehnt das Bundesdigitalministerium Gott sei Dank ab, denn „Wir brauchen kein Verbot von KI-Anwendungen, sondern Wege, um Werte wie Demokratie und Transparenz zu gewährleisten“. Darüber hinaus scheint man sich in Deutschland zumindest weitgehend einig zu sein, dass das Thema Künstliche Intelligenz „aktiv im Schulunterricht behandelt werden (sollte), da die Schülerinnen und Schüler lernen müssen, mit dieser neuen Technologie umzugehen und verstehen sollen, wie die Algorithmen dahinter funktionieren.“ Darüber hinaus sei es essenziell, darüber aufzuklären, „welche Gefahren, aber auch welche Chancen und Vorteile künstliche Intelligenz bietet.“ Es ist wie damals mit dem Fernsehen: Besser als ein Verbot, ist das Erlernen und Trainieren einer sinnvollen Nutzung. Zumal - zumindest online - unser Leben sowieso bereits von KI’s und ihren Algorithmen bestimmt wird. Außerdem können Text- oder Bildgenerierende KIs nicht nur eine Menge Spaß machen, sondern auch Zeit sparen. Fragen Sie beim nächsten Mal doch einfach mal ChatGPT statt Google, wenn Sie etwas wissen wollen. Oder lassen Sie sich wie ich, ein Gedicht über ihre Katze schreiben, von faszinierend detailreichen Bilder mal ganz abgesehen. Ist das unkreativ? Nein, im Gegenteil, denn Sie können jeder KI mittels eines Textbefehls (dem sog prompt) so exakt wie möglich mitteilen, was das Ergebnis sein soll. Übrigens wurde auch das Foto mit den Düften von einer KI mittels eines Textbefehls generiert. Lediglich die Flakons wurden später von mir hinzugefügt. Einige der Düfte eignen sich übrigens perfekt als prompt. Geben Sie doch spaßeshalber einfach mal „Steamed Rainbow“, „Bathing in a Day Dream“ oder vielleicht gleich "Bathing in a Steamed Rainbow" ein. Und lassen Sie sich überraschen.



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