Ein Duft ist ein Duft ist ein Duft ist ein Duft

Es gibt Nischendüfte und Designerparfums, es gibt Drogerie- und Discountdüfte und dazwischen tummeln sich jede Menge wahre oder vermeintliche Luxus-, Celebrity- und neuerdings sogar Influencerparfums. Dabei sind die Grenzen fließend: Was gestern noch als Nischenduft galt, mutiert dank Marketing und Wechsel in der Vertriebsstruktur zum Mainstream. Brands werden ge- oder verkauft, und manchmal verschwinden sie sogar gänzlich von der Bildfläche. Designerluxus wandert heute wie selbstverständlich über den Drogerietresen und Duftschätze werden nicht selten in Outlets verramscht. Parfums werden discontinued oder reformuliert und die Originale anschließend zum hochgehandelten Vintageduft geadelt. Dabei sollte uns das alles eigentlich völlig egal sein, denn schließlich geht es uns ja sowieso nur um den Duft, oder?

Wenn wir ehrlich sind, geht es uns natürlich nicht nur um den Duft, sondern mindestens ebenso um das prestigeträchtige Kauferlebnis mit guter Beratung, exquisiter Verpackung und vielleicht sogar noch ein paar Goodies als Zugabe obendrauf. In diesem Sinne neigen wir dazu, unterschiedliche Verkaufskanäle und Vertriebsstrukturen als Gradmesser für Luxus und Wertigkeit zu sehen. Dabei stehen die Flagshipstores der großen Luxusmarken sowie Luxusparfümerien mit breit aufgestelltem Markenportfolio im Ansehen des geneigten Käufers ganz oben, gefolgt von den Beautyabteilungen der großen Luxuskaufhäuser und den Parfümerieketten. Wohlgemerkt, es geht hier nicht Umsatz, sondern um Prestige. So sehen wir es z.B. nicht besonders gern, wenn seltene Luxusbrands neben leicht herablassend betrachtetem Designer-Mainstream im Regal steht. Dabei sind Designerdüften auch unerheblicher Bestandteil der sog. Nische. Man denke nur an Naomi Goodsir, die als Modistin eigentlich Hüte entwirft; an Miller et Bertaux, die von Hause aus Produkt-Designer sind oder an die großen Pioniere der Nische, Comme des Garcons. Darüber hinaus sind in der Nische großgewordene Marken wie z.B. Byredo heutzutage im Sortiment fast ebenso breit aufgestellt wie Chanel oder Dior. Dazu kommt, dass begehrte Luxusbrands wie beispielsweise Tom Ford oder Armani Privée mit Lauder und L’Oreal nicht nur die gleiche „homebase“ wie Tommy Hilfiger oder Lancome haben, sondern oftmals sogar dieselben Parfümeure.

 

ALZD Designerdüfte

 

Wenn man die ganze Szenerie ehrlich und unvoreingenommen betrachtet, stellt man schnell fest, dass auch kleine Independentbrands sich an gesetzliche Verordnungen und Vorgaben bei ihren Parfums halten müssen und ihrer Kreativität keineswegs ohne Limit frönen können. Zumindest nicht, wenn sie ihre Produkte innerhalb der EU verkaufen. Und auch Nischenlabel wollen und müssen - wie alle anderen auch - Geld verdienen. Und ja, viele werden deshalb nicht selten bereits mit der Absicht konzipiert und gegründet, schnellstmöglich von einem großen Unternehmen gewinnbringend aufgekauft zu werden. Celebrity-Düfte sind nicht zwangsläufig billige, schlecht gemachte Massenartikel, und Parfümeure in den seltensten Fällen Künstler, sondern bestenfalls Kunsthandwerker. Andernfalls stünden ihre Werke zur Betrachtung im Museum und nicht zum Verkauf im Parfumerieregal. Die Grenzen zwischen Luxus, Nische und Mainstream sind nicht nur in beiden Richtungen fließend, sondern meiner Meinung nach einfach überflüssig.

Unterm Strich gibt es letztlich ohnehin nur zwei Kategorien, nämlich Duft oder Gestank. Während wir Duft schön und begehrenswert finden, wollen wir Gestank nicht mal geschenkt bekommen. Und doch sind beides Gerüche. Ob wir allerdings einen Geruch als Duft oder als Gestank wahrnehmen, beruht nicht nur auf persönliche Erfahrungen und daraus resultierende Vorlieben, sondern vor allem auch auf unserer jeweilige Erwartungshaltung. Denn unsere Wahrnehmung verändert sich, je nachdem welche Einstellung wir im Vorfeld bereits haben. Ein Umstand, den sich übrigens Marketingprofis nicht nur allzu gerne zunutze machen, sondern auf den wir immer mal wieder gepflegt reinfallen. Denn wohl jeder kennt den Versuch, sich etwas „schön“ zu riechen, das eigentlich ein Fehlkauf war. Mit anderen Worten: Ebenso wie Schönheit im Auge des Betrachters liegt, entsteht Wohlgeruch letztendlich in der Nase bzw. im Gehirn des Riechenden. Denn ein Parfum besteht unabhängig vom Preis, Label oder Verkaufsort aus Alkohol und vergleichsweise wenigen Duftstoffen, und erst unsere Wahrnehmung und Wertschätzung macht einen Duft zum Stoff, aus dem die Träume sind.



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