En Passant

En Passant

Ist Ihnen schon einmal jemand begegnet, der in eine gigantische Duftwolke gehüllt war? Mir begegnen diese Menschen besonders gerne und oft in Flugzeugen oder Fahrstühlen, also vornehmlich dort, wo ich diesem oftmals olfaktorischen Supergau leider nicht ausweichen kann. Neuerdings nennt man dieses Phänomen übrigens „Oversprayer“. Gemeint sind Menschen, die sich prinzipiell, systematisch und überdosiert von oben bis unten mit einem Duft einsprühen – übrigens völlig unabhängig von dessen Intensität. Schaut man im Netz in den einschlägigen Parfum-Foren und Communities, so ist scheint dies so etwas wie ein neuer Trend.

Gleichwohl geschieht „overspraying“ in der Regel unabsichtlich. Der Grund: Alles was man regelmäßig sieht, hört oder eben auch riecht, wird vom menschlichen Gehirn ausgeblendet. Unsere Sinneswahrnehmungen (wozu auch das Riechen gehört) dienen prähistorisch der Gefahrenwarnung. Wenn es z. B. brennt, sollten Sie selbst aus dem Tiefschlaf heraus senkrecht im Bett stehen, weil Ihnen Ihr Gehirn mitteilt: Das gehört nicht hierher, bedeutet also Gefahr. Riechen, hören oder sehen Sie hingegen immer das Gleiche, sagt sich unser Gehirn: Das kenne ich jetzt, also befasse ich mich mit wichtigeren Dingen. Ein Vorgang, den man leider nur bedingt beeinflussen kann. Mitunter kann das z.B. bei Lärm, durchaus erwünscht sein (stellen Sie sich nur mal vor, Sie wohnen an einem Flughafen oder einer Autobahnauffahrt); ist aber bedauerlich, wenn es um Duft geht, insbesondere um den eigenen. Was also tun?

Kreieren Sie ein persönliches Duftritual. Der beste Zeitpunkt dafür: Wenn Sie sich einen neuen Duft gekauft haben. Sprühen Sie den Duft in der Folge immer in der gleichen Menge an Pumpstößen wie beim ersten Mal, und zwar unabhängig davon, ob Sie selber etwas riechen oder nicht. Schließlich nimmt man z.B. Medikamente auch nicht solange, bis man etwas merkt. Vertrauen Sie Ihrer gewohnten Dosierung. So wunderbar ein Duft ist, mit dem Sie jeder identifizieren kann, Sie selber werden Ihren Signature-Duft mit großer Wahrscheinlichkeit leider irgendwann nicht mehr riechen können. Übrigens je feiner und subtiler ein Duft, desto eher wird er ausgeblendet. Daher gönnen Sie sich und Ihrem Gehirn immer mal wieder etwas Abwechslung und tragen Sie unterschiedliche Düfte. Selbst das leise Ticken einer Uhr hören Sie wieder, wenn die Uhr neu ist, und Ihren Lieblingsduft werden Sie nach einer Pause wieder stärker wahrnehmen.

Auch wenn man ein Parfum in erster Linie für sich selbst kauft, sollten Ihre Mitmenschen Sie wahrnehmen und keineswegs von Ihrem Parfum „erschlagen" werden. Less is more und dies gilt nicht nur im Business. Denn ist ihr Duft en passant und wie ein sanfter Hauch im Vorbeigehen, wird jeder mehr davon haben wollen. Garantiert.

Christiane Behmann ist Diplom Sozialwissenschaftlerin und Texterin. Nachdem sie lange Jahre als Pressereferentin für verschiedene Unternehmen tätig war, wagte sie 2000 mit einer eigenen Werbeagentur den Schritt in die Selbständigkeit. 2007 gründete sie das „Archiv für Duft & feine Essenzen“ und war damals eine der ersten Bloggerinnen Deutschlands. Seit 2009 war sie außerdem Inhaberin vom Duftcontor in Oldenburg und arbeitet jetzt wieder in ihrem alten Beruf.



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