Frische und Geborgenheit
Es gibt nur wenige Dinge, die bei mir so tief ins Gefühl greifen wie der Duft frisch gewaschener Wäsche. Für mich ist das kein bloßes Aroma, sondern eine Erinnerung an den Frühling, an Frische, Wohlbehagen und irgendwie auch ein Duft, der Geborgenheit verspricht. Während mein Gatte behauptet, dass selbst gut gemachte Wäschedüfte lediglich nach Waschpulver oder Weichspüler riechen, sehe ich weißes Leinen im Sommerwind und spüre die Wärme eines weichen Frotteehandtuchs, die makellose Reinheit einer weißen Bluse oder die „crispe" Behaglichkeit eines frisch bezogenen Bettes.
Einer der Gründe, warum ich nach Weihnachten stets genervt bin, sind die sog. „Rauhnächte“. Denn von Weihnachten bis zum 6. Januar soll man keine Wäsche waschen. Der Hintergrund? Alte Mythen und der Aberglaube, dass das Waschen und Aufhängen der Wäsche böse Geister anlockt und Unglück ins Haus bringt. Manche glauben auch, dass aufgehängte Wäsche die Geister der Verstorbenen verwirrt, die dann im Stoff hängen bleiben und nicht weiterziehen können. Nun bin ich zwar nicht wirklich abergläubisch, aber man weiß ja nie, ob nicht doch etwas daran ist. Und weil ich weiße Bettwäsche liebe und mein Bett oft und gerne beziehe, geht meine Lieblingsbettwäsche ohne logistische Planung schnell zur Neige. Doch selbst wenn ich solche Erzählungen nicht ganz ernst nehme, frage ich mich: Was wäre, wenn ich tatsächlich auf das Waschen verzichten müsste?
Unsere Liebe zum Duft hat tatsächlich historische Wurzeln. Parfums und duftende Aromen wurden ursprünglich benutzt, um Schmutz und üble Gerüche zu kaschieren. In Zeiten, in denen regelmäßiges Waschen - sei es von Kleidung oder Körper - weder üblich noch möglich war, dienten Kräuter und duftende Essenzen als Ersatz für Sauberkeit. Selbst im prachtvollen Barock fungierte Parfum oft als Schutzschild gegen den allgegenwärtigen Geruch von Armut, Krankheit und Unrat. Das Bedürfnis, die unangenehmen Gerüche des Lebens mit angenehmen Düften zu überdecken, scheint übrigens bis heute fortzubestehen - wenn auch meist subtiler. Ich erinnere mich zum Beispiel daran, dass sehr viele meiner früheren Kundinnen und Kunden im „Duftcontor“ im medizinischen und Pflegebereich tätig waren. Natürlich gingen sie nicht in Duftwolken gehüllt zur Arbeit, aber ihr Verlangen nach angenehmen Düften in der Freizeit war für mich ebenso verständlich wie nachvollziehbar.
Nicht zuletzt ist es gerade auch der Duft von Waschmitteln und Weichspülern, der Reinheit und ein Gefühl von Komfort vermitteln soll. Und wenn Sie mich fragen, hat sich das bei vielen Menschen tief ins Unterbewusstsein eingegraben. Vor allem in der kalten Jahreszeit spielt das Bedürfnis nach frischer Wäsche eine besondere Rolle: Draußen ist es unwirtlich und kalt; drinnen sind die Fenster meist geschlossen, und frische Luft wird für viele zur Mangelware. Das ungemütliche Winterwetter mit seiner grauen Kälte und klammen Nässe lässt uns instinktiv nach Wärme, Sauberkeit und Geborgenheit suchen. Frische Wäsche erscheint da wie ein vertrauter Trost und ein Moment des Wohlbefindens, der die Kälte draußen vergessen lässt und ein Gefühl von Leichtigkeit und Ordnung suggeriert. Vielleicht rührt daher auch die Vorliebe, in dieser Zeit auf zarte Düfte wie Baumwollblüten oder Lavendel zurückzugreifen, die uns einen Hauch von Frühling in die Wohnung holen - sei es in Form eines Parfums, einer Duftkerze oder eines Raumsprays.
Möglicherweise ist die Liebe zu Wäschedüften aber auch eine moderne Antwort auf alte Bräuche. Wenn meine Wäsche nicht mehr an der frischen Luft trocknen kann - warum dann nicht den Eindruck von Frische anders einfangen? Denn die Sehnsucht nach dem Gefühl, das frisch gewaschene Wäsche vermittelt, bleibt: trotz Waschmaschine und Trockner im Keller. Der Duft sauberer Wäsche trägt mich in eine Welt, die rein, weiß, unschuldig und harmonisch ist. Und seien wir ehrlich: Wer legt sich abends nicht gerne in ein Bett, das nach einem Hauch Sommerwiese oder Frühlingsluft duftet? Und vielleicht steckt darin auch eine kleine Botschaft: Es geht nicht immer um die Realität und die Tatsachen an sich, sondern auch um das, was sie auslösen können. Und manchmal reicht dafür auch ein simpler Wäscheduft.