Jäger und Sammler

Jäger und Sammler

Sind Sie eigentlich ein Jäger oder zählen Sie sich zu den Sammlern?
Dies ist nicht nur eine Frage, die gerne mal in Bewerbungsgesprächen gestellt wird, sondern die Antwort kann auch einiges über Ihr Konsumverhalten aussagen. Ich zum Beispiel, bin ein Jäger; oder besser gesagt, eine Jägerin. Mir geht es üblicherweise weder um die Komplettierung einer Sammlung, noch um die theoretische Auseinandersetzung mit einem Sammelgebiet. Für mich zählt einzig und allein die Beute. Welche Beute, fragen Sie jetzt sicher zu Recht? Na ja, es kommt darauf an.

Mein Ziel ist grundsätzlich die Perfektion, das Eine, das für mich alles kann und alles abdeckt. In etwa das Pendant zur ultimativen Allzweckcreme „Nivea“. Auch wenn dies für Sie profan klingen mag, so einfach ist dann doch wieder nicht. Beispielsweise gestaltet sich die Suche nach DEM ultimativen weißen Hemd seit Jahr und Tag wie eine endlose und unsystematische Versuchsanordnung, deren Ziel nicht nur immer mal wieder verloren geht, sondern mitunter sogar in Doubletten endet.

Aber was soll’s, es gibt ja viele Bereiche, in denen man sich austoben kann. Verbunden mit einem gewissen sportliche Ehrgeiz habe ich es im Laufe der Jahre zu einer erklecklichen Ansammlung hochsommerlicher Zehentrenner, zu einer größeren Anzahl cremefarbener Rollkragenpullover, zu etlichen Marmortabletts, diversen weißen Schüsseln in unterschiedlichen Größen und Formen, kistenweise Teesorten und den verschiedensten Currypulvervarianten gebracht. Legion sind nicht nur meine unzähligen Jeans und weißen Tops, sondern auch meine Duftkerzen, Nagellacke oder Bücher über Interiordesign, um nur ein paar zu nennen. Mein neuestes Jagdgebiet sehen Sie übrigens auf dem Foto oben: der ultimative Duft zur weißen Bluse, auch bekannt als Alltagsduft. Sie ahnen es: Das Dasein als Konsumjägerin ist kostspielig, zeitraubend und mitunter nur von kurzfristigem Erfolg gekrönt, weil man nach spätestens 2 Wochen ein neues Objekt der Begierde entdeckt.

Während der Sammler sich in seinem jeweiligen Sammelgebiet der systematischen Suche, Beschaffung und Aufbewahrung von Dingen oder Informationen widmet und damit genau weiß, was in seiner Sammlung fehlt, nimmt der Jäger, was ihm gerade attraktiv oder habenswert erscheint. Anthropologisch gesehen, gibt es übrigens in der Regel weder das eine noch das andere in Reinkultur, sondern als Mischform mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Meist wird eine Unterscheidung zwischen unspezialisierten und komplexen, differenzierten Jäger- und Sammlerkulturen und -gesellschaften vorgenommen. Während es den Jägern prinzipiell um ein breites, variierendes Nahrungsangebot geht, das sie in großen Gebieten verfolgen und in kleinen Horden saisonal nomadisierend erlegen, nutzen Sammler vor allem eine oder mehrere, lokal häufig vorkommende Arten, um größere Gruppen zu versorgen und ihnen damit längere Zeiten der Sesshaftigkeit zu ermöglichen. Wissenschaftler gehen übrigens davon aus, dass der Mensch mindestens 90 % seiner bisherigen Entwicklungsgeschichte als Jäger und Sammler verbrachte. Mit anderen Worten, die Jagd nach Beute ist in meinen Genen verankert.

Übrigens ist es etwaigen Personalchefs in Bewerbungsgesprächen in der Regel völlig egal, für welche Kategorie Sie sich entscheiden. Wichtig ist lediglich, dass Sie sich entscheiden, ob Sie sich als Jäger oder Sammler sehen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein duftendes „Waidmannsheil“.

 

Christiane Behmann Christiane Behmann ist Diplom Sozialwissenschaftlerin und Texterin. Nachdem sie lange Jahre als Pressereferentin für verschiedene Unternehmen tätig war, wagte sie 2000 mit einer eigenen Werbeagentur den Schritt in die Selbständigkeit. 2007 gründete sie das „Archiv für Duft & feine Essenzen“ und war damals eine der ersten Bloggerinnen Deutschlands. Seit 2009 war sie außerdem Inhaberin vom Duftcontor in Oldenburg und arbeitet jetzt wieder in ihrem alten Beruf.


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