Ode an den Muttertag

Ode an den Muttertag

Wenn Frau Thiele im Frühling Papier, Malstifte und Buntpapier verteilte, war allen klar, der Muttertag stand vor der Tür. Frau Thiele war meine Lehrerin von der ersten bis zur vierten Klasse und damals lernte man in der Grundschule tatsächlich nur Lesen, Schreiben, Rechnen, Singen und eben auch Basteln. Insofern waren jährliche Festtage nicht nur im Lehrplan eingebunden, sondern - im Rahmen der Vor- und Nachbereitung (Aufsatzthema „Wie war Dein Muttertag“) - fester Bestandteil des Stundenplans und darüber hinaus von mir und meinen Mitschülern gern genommene Abwechslung von den langweiligen Essentials.

Wenn dann endlich der große Tag kam und ich meiner Mutter mein selbst gemaltes Bild mitsamt einer bereits auf halber Strecke übergeschwappten Tasse Kaffee ans Bett brachte, war die Freude auf meiner Seite sicher weitaus größer als bei meiner Mutter. Aber das nimmt man als Kind natürlich nicht wahr und außerdem zählt insbesondere bei Müttern immer auch die Geste sowie der gute Wille. In diesem Sinne erweiterte ich Jahr für Jahr peu à peu mein Gabenrepertoire: zunächst mit Blütenketten aus Gänseblümchen und löwenzahngeschmückten Frühstückstabletts, wenig später folgten selbstgetöpferte Aschenbecher (die als solches allerdings schwer zu erkennen und damit multifunktional waren), geklauter Flieder, Maiglöckchen aus unserem Garten oder Pralinen (die nicht selten spätestens am Vatertag bei meinem Großvater landeten).

Eine erste Ahnung davon, was meiner Mutter wirklich gefiel, bekam ich mit 11 Jahren, als ich von meinem Vater den Auftrag bekam, in der Drogerie eine Flasche Parfum zu kaufen. Das Ergebnis war damals „Nonchalance“ - 1968 - glaubt man der Werbung - der Inbegriff weiblicher Raffinesse. Den Erfolg dieser Werbestrategie konnte ich wenig später an der offensichtlichen Freude meiner Mutter leicht erkennen. Von da an gab es kein Zurück mehr. Von nun an taten meine beiden jüngeren Schwestern und ich uns in seltener Gemeinsamkeit zusammen. Aus der Drogerie wurde wenig später eine Parfümerie, für mich damals nicht nur der Inbegriff von Luxus, sondern auch die ideale Gelegenheit nach Proben zu fragen und mit viel Glück sogar eine Parfumminiatur geschenkt zu bekommen. Auf Nonchalance und Tosca folgten später Cabochard, Climat und Alliage, später dann Chanel, Acqua di Parma oder Amouage. Somit war dann nicht nur meine Mutter jedes Jahr aufs Neue sehr begeistert, sondern der Muttertag wurde auch zu meinem Highlight. Übrigens fand ich damals schnell heraus, dass nicht der Duft als solches entscheidend war, sondern die Marke den Luxus definierte und damit natürlich auch den Preis. Das hat sich bis heute nicht geändert. Umso erfreuter war ich, als es dann außer Duft auch passende Körperpflegeprodukte zum Verschenken gab. Und als Reminiszenz an alte Kinderbasteleien wird bis heute grundsätzlich alles neu und individuell mit Schleifen, Bändern und extra Blümchen aufwändig verpackt.

Liebe Grüße und eine schöne Woche
Christiane

Christiane Behmann

 

Christiane Behmann ist Diplom Sozialwissenschaftlerin und Texterin. Nachdem sie lange Jahre als Pressereferentin für verschiedene Unternehmen tätig war, wagte sie 2000 mit einer eigenen Werbeagentur den Schritt in die Selbständigkeit. 2007 gründete sie das „Archiv für Duft & feine Essenzen“ und war damals eine der ersten Bloggerinnen Deutschlands. Seit 2009 war sie außerdem Inhaberin vom Duftcontor in Oldenburg und arbeitet jetzt wieder in ihrem alten Beruf. 



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