Du riechst dufte!

Du riechst dufte!

Die Geschichte des Parfums ist eine jahrtausendealte, wie die Herkunft des Wortes andeutet: aus der lateinischen Sprache stammt der Begriff, “per fumum”, übersetzt “aus dem Rauch”. Bereits im alten Ägypten fanden Duftstoffe Verwendung – als zu Ehren der Götter geopferte Räucherwaren sowie ungefähr ab der Regierungszeit der Königin Hatschepsut auch als Körperverschönerung in Form von wohlriechenden Balsamen, Salben und Tinkturen.

Das Abendland hinkte dufttechnisch hinterher – erst mit den Kreuzzügen hielt die vornehmlich orientalische Tradition der Körperbeduftung Einzug in dessen Kultur. Vorher benutzte man Düfte nur äußerst spartanisch, bekannt waren, wenn überhaupt, lediglich Kräuterwasser wie beispielsweise jenes mit Lavendel. Mit wachsender Kenntnis der Fertigkeiten, der Handwerkskunst sowie den technischen Mitteln für die Herstellung von Destillaten kamen im 15. Jahrhundert die ersten ätherischen Öle auf den Markt.

Eine gewichtige Rolle für die französische als auch europäische Parfumgeschichte spielte vor allem Katharina von Medici, die durch ihre Heirat mit Heinrich II. ab 1547 zur Königin von Frankreich wurde. 1580 gründete der Alchimist und Apotheker Francesco Tombarelli in Grasse das erste Laboratorium zur Herstellung von Düften – die Geburtsstunde des Ortes als Gründerzentrum der europäischen Parfumeurskunst , gilt Grasse doch bis heute als Wiege der Parfumherstellung. Im Mittelalter vor allem für das dort weit verbreitete Gerberhandwerk bekannt, entstand in Grasse ab circa 1600 die Mode der parfümierten Handschuhe, was dem Anbau von Pflanzen zur Gewinnung von Rohstoffen, der Herstellung von Duftstoffen und Destillaten weiteren Aufwind bescherte.

Selbstredend unterschied sich zur damaligen Zeit der Gebrauch von Parfums bezüglich seiner Anwender: es gab Düfte für den einfachen Mann und Düfte für die Oberschicht. Erstere hatten nicht in allererster Linie die Zier im Blick, sondern man versprach sich desinfizierende Wirkung von deren Einsatz, heilende und präventive. Gemäß der Überzeugung, dass Baden krank machen könne, versprach man sich vom Dufteinsatz Schutz- als auch Reinigungswirkung, was ebenfalls für Umgebungsluft angenommen wurde. Im Hinblick auf die oberen Zehntausend galten Düften nicht nur als Schutz und Therapeutikum, sondern als Entzücken für die Sinne, als Schmuck und somit als Ausdruck für Wohlstand.

Und wie ist das heute? Ich denke in diesem Zusammenhang immer wieder gerne an eine Stelle in dem von Haarmann & Reimer (einem Aromastoffhersteller, der mittlerweile zu Symrise gehört) erstmals Mitte der Achtzigerjahre herausgegebenen Duftatlas. Dieser ist ein Kompendium zum Thema Düfte, umfasst mehrere Bände, die allesamt nur noch antiquarisch erhältlich sind und, obschon in einigen wenigen einzelnen Teilen überholt, dennoch eine lesenswerte Lektüre darstellen.

Die Stelle, von der ich hier sprechen möchte, ist einer jener Auszüge, der uns als eingeschworene Parfumistas heutzutage ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert. Es ist dort die Rede von einer Einteilung Erwachsener in verschiedene Anwendertypen von Parfums, und zwar “aufgrund ihrer unterschiedlich verlaufenden Duft- und Parfumlernerfahrungen”, die im Folgenden einem Vier-Stufen-Modell zugeordnet werden, wobei “jede dieser Stufen […] sich durch charakteristische Einstellungen zum Duft- und Parfümbereich [ergibt]”.

Als Stufe 1 werden “die Seifenverwender” kategorisiert, jene, die “keinen besonderen Bezug zum Duft- und Parfümbereich” besitzen und für die “der Duftbereich fast ausschließlich im Zusammenhang mit Essen und Trinken eine Rolle” spielt. “Alle anderen Duftbereiche sind [für ihn] zweitrangig”, er verwendet für die “persönliche Hygiene” Seife und parfümiert sich nie.

Stufe 2 bezeichnet “die Duftgeschenkverwender”, die Parfums “nicht aus eigenem Bedürfnis” verwenden, sondern weil dies vom Umfeld, beispielsweise dem Partner “gewünscht” wird. Jener Anwender greift deshalb in der Regel auch nicht selbst (tief) in die Tasche, um sich mit Düften zu versorgen, sondern er ist in der (glücklichen?) Position, “entsprechende Produkte meist geschenkt oder gekauft” zu bekommen, die ihm “subjektiv das Gefühl [geben], der Umgebung nicht unangenehm aufzufallen. Trotzdem parfümiert er sich meistens nur zu bestimmten Anlässen, weil es andere auch tun oder es so üblich ist.”

“Der Markenparfümverwender” nimmt Stufe 3 ein: verbunden mit einem “gehobenen Hygienestandard”, der nach “Markenartikeln des Duft- und Parfümbereichs verlangt”, sind für diesen “Parfüms Signale der Individualität für sich und andere”, das Tragen derselben “heißt für diese Menschen, sich mehr Luxus leisten zu können als andere”, wobei diese auch Signale im Hinblick auf die Partnerwahl und -präferenz aussenden sollen, sprich: “Interesse an ihrer Person wecken”: “Man parfümiert sich, um sich gegenüber anderen abzugrenzen und zu demonstrieren, wer man ist, für wen man gehalten werden möchte und was man sich leisten kann.”

Schlussendlich folgen auf Stufe 4 “die Parfümästheten”: Für diese sind “Duftkreationen Medien zur Selbstaktualisierung und Selbstverwirklichung. Sie suchen die Parfüms aus, welche durch ihre Ausstrahlung ihrer Persönlichkeit in ihrem gegenwärtigen Erleben und in ihren momentanen Gefühls- und Stimmungszuständen entsprechen. Parfümieren heißt auf dieser höchsten Stufe des Dufterlebens, sein augenblickliches Duft – und Parfümbedürfnis zu befriedigen.”

Immer wieder nett, oder nicht? Aus meiner Perspektive heraus ist es kaum vorstellbar, dass sich überhaupt jemand in, sagen wir mal: den letzten dreißig Jahren in Stufe 1 befunden hat, sieht man mal von einigen älteren männlichen Exemplaren ab, die mir aus dem Familien- und Bekanntenkreis geläufig sind ;)

Ich für mich muss mich ganz klar als der Stufe 4 zugehörig einordnen – und das schon mein Leben lang. Wie sieht es mit Euch aus?

Ulrike Knöll ist studierte Philosophin und vielen der Aus Liebe zum Duft-Kunden bereits durch das Corporate Blog bekannt. Sie kümmert sich seit 2009 hauptverantwortlich um das Dufttagebuch, für das sie bisher knapp 2000 Artikel verfasst hat. Auch im Onlineshop finden sich etliche Texte aus ihrer Feder. Darüber hinaus textet, konzipiert, berät und schult sie freiberuflich rund um das Thema Duft und ist Kolumnistin des Branchenmagazins INSIDE beauty.