Lazy Sunday

Die meisten Sonntage, an die ich mich erinnere, pendeln im Wesentlichen irgendwo zwischen „Lazy Sunday Afternoon“ und „Immer wieder Sonntags“. Als Kind war der Sonntag für mich gleichbedeutend mit Langeweile. Überaus langweilig war z.B. der immer wiederkehrende Besuch bei meinen Großeltern. Nicht, dass ich etwas gegen meine Großeltern gehabt hätte, aber nach jahrelangem Aufmerksamkeits-Paradies als Einzelkind, sollte ich mich unvermittelt und stundenlang mit einer ganzen Heerschar weitaus jüngerer Schwestern, Cousinen und Cousins abgeben. Da war ich sechs und eigentlich mit dem Thema Sonntag durch! Getoppt wurde das wenig später durch die sommerliche Zwangsverfrachtung auf einen 30 Kilometer entfernten Campingplatz mitten im Wald, denn dort gab es neben einem ungeheizten und daher immer zu kaltem Schwimmbecken, einer verrotteten Tischtennisplatte, einem Volleyball-Spielfeld ohne Mitspieler in meinem Alter und Waldspaziergängen nichts, was auch nur ansatzweise für einen Teenager erstrebenswert gewesen wäre. Mit anderen Worten, Sonntage waren für mich ein Synonym für Monotonie. Oder, um es mit den Worten von Udo Lindenberg zu sagen: Alle Tage sind gleich lang, aber manche sind breiter als andere. Meine Sonntage waren damals ultrabreit.

 

Lazy Sunday

 

Meine Liebe zum Sonntag begann mit ca. 17 Jahren, nachdem mir von meinen Eltern der Campingplatz erlassen und damit Wochenende, nebst Haus, Hof und Garten quasi zur freien Verfügung überlassen wurde. Ab sofort galt für mich „Monday, I got Friday on my Mind“, denn das Wochenende lockte verheißungsvoll mit „Saturday Night Fever“ und einem gefühlt unendlichen Zeitkontingent. Daraus ergab sich fast automatisch, dass ich den Sonntag wie Truman Capote’s Holly Golightly - mal mehr, mal weniger ansprechbar - zumeist im Bett verbrachte. Im Gegensatz zu meinen Eltern gefiel mir das ziemlich gut. Dem Alter und dem Arbeitsleben ist es vermutlich geschuldet, dass meine Sonntage irgendwann tatsächlich etwas mehr Kontur und damit auch Inhalt bekamen. Nichtsdestotrotz war und ist der Sonntag bis heute der einzige Tag in der Woche, an dem ich nicht nur tun und lassen kann was ich will, sondern vor allem auch, wann ich es will.

Natürlich hat auch der selbstbestimmteste Sonntag irgendwann seine Routinen, nur klingt es ungleich verlockender, diese Rituale zu nennen, als da wären: Man steht spät auf, frühstückt lange und gemütlich oder auch gar nicht, geht spazieren, kocht aufwendig, besucht einen der zahlreichen Flohmärkte, trifft sich mit Freunden, geht auf den Golfplatz oder spielt wie einst Henri Frapin mit seinem Sohn im Garten Schach. Alles Dinge, die man unter der Woche so gut wie nie machen kann.

In der City shoppen gehört für mich übrigens nicht dazu. Da ich jahrelang im Einzelhandel gearbeitet habe, war und bin ich kein Freund von verkaufsoffenen Sonntagen. In dieser Hinsicht schließe ich mich (obwohl keine Kirchgängerin) dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland an. Die konstatierte nämlich 1999 gemeinsam mit der Deutschen Bischofskonferenz, dass „der Sonntag zu den wichtigen Beiträgen des Christentums zur Kultur unserer Gesellschaft gehört und weithin als gemeinsamer Ruhetag, als Schutz der Arbeitenden, als Symbol der Freiheit und als Tag des christlichen Gottesdienstes anerkannt und geachtet wird.“ Im Vergleich zu anderen Ländern ist unser Ladenschlussgesetz, das sonntägliche Öffnungen nur mit Sondergenehmigungen erlaubt, zwar ein Unikat, allerdings gilt dies ebenso für den sonntagabendliche Tatort in der ARD, den Millionen Deutsche seit mehr als 50 Jahren regelmäßig schauen. Nationale Eigenheiten, die ich durchaus zu schätzen weiß. Und wer’s gar nicht aushalten kann, mal einen Tag Shoppingpause zu machen, lässt sich von unseren Duftvorschlägen inspirieren und stürzt sich online in einen duftenden Kaufrausch. Denn ich finde, dass es reicht, wenn bereits jeder 10. Beschäftigte vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Gastronomie und im Gastgewerbe, im Verkehr und im Einzelhandel an Sonn- und Feiertagen arbeiten muss und Ruhezeiten zunehmend nicht eingehalten werden (können). In diesem Sinne, genießen Sie die bevorstehen Feiertage.

Christiane Behmann Christiane Behmann ist Diplom Sozialwissenschaftlerin und Texterin. Nachdem sie lange Jahre als Pressereferentin für verschiedene Unternehmen tätig war, wagte sie 2000 mit einer eigenen Werbeagentur den Schritt in die Selbständigkeit. 2007 gründete sie das „Archiv für Duft & feine Essenzen“ und war damals eine der ersten Bloggerinnen Deutschlands. Seit 2009 war sie außerdem Inhaberin vom Duftcontor in Oldenburg und arbeitet jetzt wieder in ihrem alten Beruf.


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