Urbi et Orbi

Noch knapp zwei Wochen und zu Ostern erteilt der Papst mit „Urbi et Orbi“ wieder all jenen, die zuhören und guten Willens sind, seinen Segen. Verbunden ist dies stets mit einem (kirchlichen) Erlass des aufgelaufenen Sündenregisters und den besten Segenswünschen für Frieden und Einheit in der Welt. Nun bin ich zwar keine Kirchgänger*in, aber ich finde, dass unsere Welt und insbesondere Europa die österlichen Friedenssegnungen selten so nötig hatte wie jetzt!

Seit einer gefühlten Ewigkeit befinden wir uns im Krisenmodus. Nach dem IS Terror kam die Flüchtlingskrise, gefolgt von Klimawandel, Pandemie, Flutkatastrophe und dem Fiasko in Afghanistan. Und jetzt wütet der Krieg in der Ukraine und ist nicht nur in den sozialen Netzwerken mit täglich schrecklicheren Bildern aus den umkämpften Gebieten live zu verfolgen. Ein Krieg, der uns geographisch so nahe ist, wie seit langem keine militärische Auseinandersetzung und damit ein Ereignis, das uns emotional sehr bewegt und zusetzt. Ich denke, dass es nicht nur mein subjektiver Eindruck ist, dass eine welterschütternde Krise die nächste jagt, und wir uns in einer nicht enden wollenden Weltuntergangsstimmung und Angstspirale befinden.

 

 

Möglicherweise liegt es daran, dass wir rund um die Uhr auf allen verfügbaren Kanälen von den Medien in Echtzeit mit Bildern und O-Tönen versorgt werden. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, aber ich wage zu bezweifeln, dass z.B. verwackelte Amateurhandy-Aufnahmen in den Nachrichten, tägliche Extra-, Spezial-und Brennpunkt-Sondersendungen, Interviews, Experten- und Betroffenen-Talkrunden über den Krieg in der Ukraine wirklich nur der notwendigen Information dienen. Denn nicht selten rutschen die Bilder in grenzwertige Bereiche der Sensationsgier ab. Es sei denn, wir sind bereits so abgestumpft, dass wir ohne ein permanentes Krisen- und Bedrohungsszenario gar nicht reagieren würden? Fakt ist, dass wir in den letzten 20 Jahren immer ängstlicher geworden sind. So hat eine Studie 2021 ergeben, dass zwei Drittel der Deutschen ängstlich in die Zukunft blicken. Dabei haben wir laut Studie so ziemlich Angst vor allem: Wir fürchten uns vor dem Klimawandel ebenso wie davor, und dass wir bei der Digitalisierung hinterherhinken. Wir haben Angst vor politischem Extremismus und vor schweren Erkrankungen. Wir fürchten uns vor einem Absinken des Lebensstandards im Alter und vor Terrorismus und haben Angst, dass unsere Kinder drogensüchtig werden könnten oder unsere Partnerschaft zerbricht. Und vor allem haben wir Angst vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung.

Insofern könnte man es sarkastisch fast schon Glück nennen, dass die Bundeswehr, wie der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe schon 2018 feststellte eine „hohle Armee in einem desolaten Zustand“ ist. Immerhin ist auf die sogenannten „Prepper“ Verlaß. Prepper (vom englischen „be prepared“) sind Menschen, die sich - grundsätzlich vom Schlimmsten ausgehend - auf Katastrophen und Krisen aller Art vorbereiten. Auf Youtube beispielsweise, stehen sie den Katastrophen-Novizen beim Packen von Überlebensrucksäcken, der Bevorratung mit Jodtabletten gegen Radioaktivität, dem Bau von Notstromaggregaten bis zur Vorbereitung auf den allgemeinen Weltuntergang zahlreich mit Rat und Tat zur Seite. So gesehen ist meine Tante Wilma gerade voll im Trend, weil sie sich seit Kriegsausbruch „für alle Fälle“ vorsorglich mit vielen Kisten Mineralwasser eingedeckt hat „falls die Russen unser Trinkwasser vergiften“. Nun ja. Ich hingegen setze lieber auf Logik, Vernunft und gesunden Menschenverstand. Auch wenn es in unserer Welt leider allzu oft nicht um Weisheit und Vernunft geht, sondern um Geld, Macht und Einfluß. Daher scheint es, wie Immanuel Kant sagte, “bisweilen nötig, den Denker, der auf unrechtem Wege ist, durch die Folgen zu erschrecken, damit er aufmerksamer auf die Grundsätze werde, durch welche er sich gleichsam träumend hat fortführen lassen.“

Daher werde ich mir in diesem Jahr nicht nur den österlichen Segen des Papstes anhören, sondern auch weiterhin Nachrichten und Sondersendungen schauen. Zugleich hoffe ich, dass alle Beteiligten schnellstens zur Vernunft kommen und die Ukraine eine friedliche Zukunft haben wird. In diesem Sinne wünsche ich allen ein Frohes und vor allem friedliches Osterfest.

Christiane Behmann Christiane Behmann ist Diplom Sozialwissenschaftlerin und Texterin. Nachdem sie lange Jahre als Pressereferentin für verschiedene Unternehmen tätig war, wagte sie 2000 mit einer eigenen Werbeagentur den Schritt in die Selbständigkeit. 2007 gründete sie das „Archiv für Duft & feine Essenzen“ und war damals eine der ersten Bloggerinnen Deutschlands. Seit 2009 war sie außerdem Inhaberin vom Duftcontor in Oldenburg und arbeitet jetzt wieder in ihrem alten Beruf.


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